Was ist Würde? Und was hat Scham und Schuld damit zu tun . . . und wie kann man Würde geben? Kann man Würde geben, zurück geben?
Ich kann versuchen, so zu handeln, ohne die Würde des anderen zu verletzen. Wenn sie verletzt ist, kann ich versuchen, mich so zu verhalten, dass der andere – die andere – seine / ihre Würde wieder wahrnehmen und erlangen kann. . .
Aber zurück zum Anfang. Ich habe auf diesem nachhaltig informativen und inspirierenden Seminar mit Christoph Göttl – nochmals Danke dafür! – letzte Woche, viel über Würde, Scham, Schuld – kurz den Menschen selbst – gelernt. Ein berührendes, spannendes, weites Feld, das die unterschiedlichsten Fachbereiche fordert – die Psychologie, Neurologie, Philosophie, Sozialarbeit, Rechtsprechung, Ethik . . . sich zeigt in bewußten und unbewußten Prozessen . . . kompliziert? Ja. Schwierig? Auch.
Aber Christoph hat auch eine Geschichte erzählt – eine wahre Geschichte – die zeigt, dass es manchmal scheinbar ganz wenig braucht, um . . . ja, um was eigentlich?
Nun, die Geschichte erzählt davon, dass jede und jeder von uns etwas tun kann, ohne ExpertIn auf irgendeinem dieser oben, genannten Gebiete zu sein. Dass sich ein Leben durch einen einzigen Blick zum Guten wenden kann. Ein Blick, der tatsächlich hinschaut. Das Gegenüber sieht, nicht nur mit den Augen, dem Verstand, Wissen und Lebenserfahrung – inklusive Vorurteilen – sondern ja, mit dem Herzen. Ein Blick, der das Du im Gegenüber sieht. Mich, dich. Ganz. Und damit den würdevollen Menschen.
Denn vielleicht ist Würde etwas dem Menschen Angeborenes. . . die im Laufe des Lebens, angekratzt, verletzt, scheinbar vernichtet werden kann, aber in Wahrheit immer da ist. Vielleicht verschüttet und begraben, aber immer präsent. Und indem ich diese Würde im Gegenüber suche, sehe, anerkenne, wird sie auch für das Gegenüber wieder spürbar, erkennbar. Erkennt und fühlt man sich, als Mensch mit Würde. Der erste Schritt Richtung würdevollem Leben . . .
Egal, wie meine momentane Lebenssituation ist. Denn das Leben des Helden der Geschichte, war zu dem Zeitpunkt – und noch Jahre danach – grauenhaft. Erniedrigend und entwürdigend. Und doch hat er Jahrzehnte später selbst erzählt, dass dieser eine Blick von diesem einen Fremden, ihm gezeigt hat, dass er gesehen wird, als Mensch.
Die Geschichte weiß nicht, ob der Mann, der den Jungen angeschaut hat – bemerkt hat, was das für das Gegenüber bedeutet. Wahrscheinlich nicht, denn er konnte nichts an seinen Lebensumständen ändern, ihn nicht retten. Im Gegenteil, er mußte ihn dort zurück lassen. Und doch hat er ihn „gerettet“.
SHE, die unsichtbare, weise Elefantendame hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass die Geschichte auch von einem magischen Moment handelt. Diese Magie war auch spürbar, als Christoph die Geschichte erzählt hat . . . Und sie war schon in dem Moment, als die Geschichte von heute, die Realität von damals war . . . Etwas war und ist anwesend, das den Unterschied macht. Uns uns als die begegnen läßt, die wir gedacht sind – würdevolle Wesen.
Sei es das Herz, ein Engel, eine unsichtbare Elefantendame oder „einfach nur“ die zutiefst menschliche Haltung, die bewirkt, dass wir einander als würdevolle Wesen begegnen . . . und sei es mit einem Blick . . . ich wünsche mir, dass wir uns – ich mir und Du Dir – dessen noch viel mehr bewußt sind, dass wir „das Zeug dazu“ haben! Und uns darüber freuen!